Fressanfall stoppen und rational handeln

Fressanfällen (wenn du noch nicht genau weißt, was das ist, lies am besten dieses Gedicht) Herr zu werden und den eigenen Verstand dazu zu bringen, noch während der Situation des Gelüsts normal zu funktionieren, ist etwas, was dir aus einem furchtbaren Teufelskreis heraushelfen kann. Unser Ziel bei der Bewältigung von Fressanfällen und unkontrolliertem Frustessen ist es, die Kontrolle über unseren Willen wiederzuerlangen.

Im Moment eines Fressanfalls setzt unser Wille komplett aus, und die Logik wird ins Irrationale verdreht. Anstatt zu denken bzw. intuitiv zu spüren (eigentlich ist ja bereits das Denken an das Essen besorgniserregend, wenn man an einem Tag bereits genügend Nahrung zu sich genommen hat): „Heute hast du deinen errechneten optimalen Kalorienbedarf zum Abnehmen schon erfüllt“, denken wir „Die Pizza habe ich mir durch meine harte Arbeit und meine hohe Frustrationstoleranz verdient. Sie wird mir ermöglichen, mir einen schönen Abend zu machen.“

Wie denken wir im Nachhinein über einen solchen Abend? Bleibt da nicht eher die Wut über das eigene Verhalten, da man Vorsätze gebrochen hat? Wenn man einem anderen Menschen von dem Abend erzählen würde, dann würde man wohl eher sagen „Gestern hatte ich Heißhunger auf Pizza.“ oder „Gestern habe ich mir eine Leckerei vom Italiener gegönnt“ statt „Mein gestriger Abend war toll.“

Essanfälle sind durch ein Verhalten gekennzeichnet, bei dem man auf sich selbst keine Rücksicht nimmt

Ja, du hast richtig gelesen. Die Emotion, die während eines Essanfalls vorherrscht, ist: „Ich will ganz schnell Schokolade/Pizza/Nudeln mit Käse…“ Bei dem Handeln wird also nicht bedacht, dass man die Konsequenzen solcher Aktionen am eigenen Körper ausbaden muss. Schuld daran können bestimmte hormonelle Fehlkonstellationen sein oder Probleme mit dem Gehirnstoffwechsel (lies hierzu auch Ursachen für Fressanfälle, bitte ärztlich checken lassen).

Das Motto, das also bei einem Fressanfall vorherrscht, ist: „Nach mir die Sintflut.“ In der Praxis (also nach dem Fressanfall) heißt das: „Morgen wird alles anders. Ab Montag starte ich mit meiner Diät, und Fressanfälle sind tabu.“ Wenn man eine solche Verhaltensänderung jedoch sich selbst gegenüber nicht durchsetzen kann, schwindet von Woche zu Woche das Selbstvertrauen. Manche Menschen, die unter Essanfällen leiden, suchen sich löblicherweise Leidgenossen: Sie schließen sich zum Beispiel mit anderen Menschen in einer Abnehm-Gruppe zusammen. Kann man dann selbst keine Erfolge vorweisen, bleibt man entweder zurück in einer Phase des Essens, oder man fühlt sich einfach nur schlecht.

Essanfälle, Frustessen und Hunger

Nicht einmal echter Hunger plagt uns häufig, wenn wir von einem Fressanfall heimgesucht werden. Das Bedürfnis, zu essen, ist so stark, dass wir das Gefühl haben, eine bestimmte Pflicht zu vernachlässigen, wenn wir uns abends einfach schlafen legen, ohne vorher unserem Jeeper stattgegeben zu haben. (Doch auch bei frühmorgendlichem Erwachen kann dieser „Jeeper“ wieder kommen, wenn man ihn am Abend noch in den Griff bekommen hat.)

Manche Menschen kennen Essanfälle nur aus der Schwangerschaft und sind dazu in der Lage, sich im Alltag rational zu ernähren. Andere haben jahrelang die Antibabypille genommen und erlebten Essanfälle als Nebenwirkungen. Und diejenigen Menschen, die Psychopharmaka einnehmen, können häufig ein Lied von Essanfällen singen: Beispielsweise stehen bei Mitteln gegen Depressionen, Angst oder Schizophrenie Essanfälle auf der Liste der Nebenwirkungen (naja, eigentlich steht dort: „Häufige Nebenwirkungen… [starke] Gewichtszunahme“). Und dann gibt es natürlich noch die Frauen, die an PMS leiden und sich über ihre plötzlich auftretenden Heißhungerattacken und Stimmungsschwankungen wundern, die bei Eintritt der Menstruation schlagartig nachlassen.

Das Gefühl, eine Chance zu verpassen

Kurz, bevor wir unserem Impuls des Fressanfalls nachgeben, haben wir das Gefühl, dass wir, wenn wir anders handeln, etwas Großartiges verpassen würden. Ein ähnliches Gefühl also, das zum Beispiel ein Shopping-Newsletter mit einem befristeten Angebot vermittelt („Nur noch heute 70 Prozent Rabatt auf…“).

Tipp: Wie man einen Fressanfall stoppt

Welcher rationale Gedankengang hilft wirklich gegen Essanfälle?

Kennst du eine solche Situation: Du bist gerade sexuell erregt, doch dann kommt irgendein Aspekt hinzu, der deine Geilheit komplett zunichtemacht, wie zum Beispiel ein unangekündigter Besuch deiner Oma? Genau ein solches Gefühl möchte dieser Artikel, den du gerade liest, in Bezug auf Fressanfälle bewirken. Wenn du jetzt noch ein paar Minuten wartest, kannst du schnell wieder Herr oder Frau deiner Selbstbeherrschung werden. Du wirst begreifen, dass das Essensgelüst, das du gerade hattest, absoluter Humbug gewesen ist. Wahrscheinlich wirst du nicht einmal mehr nachvollziehen können, wie du auf die Idee gekommen bist, um diese Tageszeit noch eine Dose mit Makrelen essen zu wollen. Und wenn der Heißhunger nach ein paar Stunden wieder kommt, spielst du dasselbe Spiel erneut mit ihm. Wichtig ist zudem, die eigentliche Ursache der Essanfälle zu bekämpfen: Das kann in der Praxis etwa bedeuten, ein bestimmtes Medikament abzusetzen.

Paradox: Reale Diskriminierung hilft nicht gegen Essanfälle

Wenn du ein paar Pfunde zu viel hast oder an Adipositas (vielleicht sogar ersten oder zweiten Grades) leidest, dann wirst du bestimmt schon mindestens einmal am eigenen Leib erfahren haben, wie es sich anfühlt, von manchen Menschen bereits aufgrund der Figur abgelehnt zu werden: Vielleicht versetzt man dich, ohne dir abzusagen, oder ein Mensch ist so ehrlich und sagt dir, dass er sich ausschließlich eine schlanke Partnerin wünscht. Die Eigenart, übergewichtige Menschen wie Personen zweiter Klasse zu behandeln, ist gängig und wird sogar gesellschaftlich mehr oder weniger akzeptiert. Das liegt an einigen nicht ganz unwahren Vorurteilen:

Was man Übergewichtigen nachsagt – ist das alles wahr?

(siehe hierzu auch Die inneren Werte zählen)

  • Sie hätten keine Disziplin. (Genauer gesagt wird ihr Appetitzentrum beispielsweise von derart starken hormonellen Dysbalancen dominiert, dass es in Anbetracht der komplett frei zugänglichen und günstigen Nahrung kaum möglich ist, solchen Triggern zu widerstehen.)
  • Sie kompensierten unerfüllte Träume mit übermäßiger Nahrungszufuhr. (Dies mag unbewusst ablaufen. Aber vielleicht hast du dich schon einmal dabei ertappt, dass du besonders viel oder besonders fettig/zuckerreich isst, nachdem sich jemand nicht gemeldet hat oder dir abgesagt hat.)
  • Manche von ihnen gehen sogar so weit, dass sie einen großen Teil ihres Einkommens für Leckereien oder Lieferdienste opfern. (Rechne es ruhig einmal aus, wieviel Geld du täglich im Durchschnitt in Nahrungsmittel investierst. Doch auch mit günstiger Supermarktnahrung sind Fressanfälle möglich.)
  • Sie wollen sich mit dem Essen von der Wahrheit ablenken (also z. B. davon, dass sie es in bestimmten Lebensbereichen nicht weit gebracht haben).
  • Sie belügen sich selbst, indem sie sich immer wieder Ausnahmen von den Vorsätzen erlauben.

Doch ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Folgende: Die Person, die dich als dicken Menschen kennenlernt, malt sich in Gedanken deine Zukunft aus: Diabetes II mit 35, Herzinfarkt mit 40… Und nur die wenigsten Personen umgeben sich im Freundeskreis freiwillig mit kranken Menschen.

Ärger, Ablehnung und Enttäuschungen – der Frust wird durch Frustessen noch verschlimmert

Ein nerviger Kunde hat einen Änderungswunsch an dem Auftrag, für den du ohnehin schon viel zu viel Zeit für das bezahlte Geld aufgewendet hast. Eine Person, für die du dich interessiert hast, hat dich neulich angerufen, nur um dir mitzuteilen, dass sie sich für einen anderen Mann entschieden hat. Oder du hast einen vielversprechenden, interessanten Menschen kennengelernt, der zum vereinbarten Treffen nicht erschienen ist – und das, ohne vorher abzusagen oder sich danach bei dir zu melden? Ganz drastisch ausgedrückt: Manche Erlebnisse erschüttern uns zutiefst und bringen vielleicht sogar unser Weltbild und unser Vertrauen in das Gute aus dem Lot.

Mit einem Fressanfall zu reagieren („Heute gönne ich mir nach meinem essensreichen Tag noch eine XL-Pizza mit Extra-Mozzarella und einem Bananensplit als Nachspeise“), verschlimmert die Situation jedoch noch: Auch sehr schlanke Menschen können die oben genannten Dinge erleben. Ist eine Person jedoch dick, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, solchen Situationen zu begegnen, um ein Vielfaches.

Einsicht und Verhaltensänderungen sind erforderlich

Du hast bei mindestens einem der genannten Punkte in Gedanken genickt? Wenn du Treffen mit anderen Menschen absagst, weil du dich zu dick fühlst, Selfies von dir aufgrund deines Doppelkinns nicht ausstehen kannst und deshalb lieber alte Fotos verwendest oder keinen Spaß mehr am Klamotten-Shopping hast, weil bereits bei der Auswahl der korrekten Größe die Alarmglocken schrillen, wie kannst du es dann verteidigen, dir einen weiteren Fressanfall zu erlauben (unter einem „Fressanfall“ verstehen wir zum Beispiel, wenn man im Laufe des Tages eigentlich schon genug gegessen hätte, sich am Abend aber noch ein üppiges Mahl gönnt oder zum Beispiel im Rahmen einer Bestellung bei einem Lieferservice gleich zwei Hauptmahlzeiten nacheinander vertilgt)?

Wer wird siegen – dein Heißhunger oder du?

Auch wenn dich mittlerweile die meisten Leute als dicken Menschen kennen und sich auch deine Persönlichkeit durch die regelmäßigen Enttäuschungen von dir selbst verändert hat (du tolerierst aufgrund dieser Tatsache womöglich mehr Fehlverhalten anderer Menschen wie die Zuspätkommeritis eines Freundes etc.), heißt das noch lange nicht, dass ein völlig neues Ego oder Selbstbild (das einem künftig realen Bild entsprechen kann) komplett unrealistisch ist.

Stelle dir mal vor, du trägst einen Abendkleid (oder als Mann einen perfekt sitzenden Anzug). Von einer dicken Wampe trennen deinen flachen Bauch Welten. Deshalb erlebst du auch viel mehr schöne Dinge wie das spontane Lächeln eines Mannes oder die Ganzkörperumarmung einer hübschen Person.

Fazit: Befreie dich aus deinem Teufelskreis

Wenn es dir erst einmal gelingt, deine Essanfälle zu stoppen und konkrete Probleme zu lösen, anstatt dich dem Frustessen hinzugeben, wird durch den Gewichtsverlust auch die Anzahl negativer Erlebnisse in verschiedenen Lebensbereichen abnehmen. Und folgerichtig gibt es dann weniger Ärger in deinem Leben und damit auch wiederum weniger Auslöser für das „Frustfressen“. Der erste Schritt besteht darin, nach und nach auf bestimmte Dinge im Leben zu verzichten, denn ohne eine Ernährungsumstellung kann man sich nicht aus diesem Teufelskreis befreien. Hierzu haben wir dir umfassende Infos zusammengestellt:

Wir drücken dir die Daumen, dass dein Vorhaben klappt!